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Feuerwehrmuseen

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60 Jahre Ende Zweiter Weltkrieg

Zeitenwende 1

Der Totale Krieg - Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter auch im Brandschutz

"Kriegsjahr 1943": Am 2. Februar ist mit mit der Kapitulation der Nordgruppe der 6. Armee die Schlacht um Stalingrad zu Ende. Reichspropagandaminister Joseph Goebbels fordert zwei Wochen später in einer aufpeitschenden Rede im Berliner Sportpalast den "totalen Krieg". Auf das einstimmige »Ja« der rasenden Anhänger folgt ein frenetischer Beifall, den der Rundfunk über eine halbe Stunde lang live überträgt.

An der "Heimatfront" breiten sich dagegen zunehmend Zweifel am "Endsieg" aus, hier allerdings - wenn überhaupt - nur im engsten Familienkreis oder allenfalls hinter vorgehaltener Hand angedeutet. Nicht nur in der Rüstungsproduktion der Industriezentren auch auf dem Land an der "Ernährungsfront" müssen Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter die durch Einberufungen nahezu aller arbeitsfähigen Männer zur Wehrmacht entstandenen Lücken füllen.

Kabelpfusch mit Folgen
Löscheinsatz in Ellrich, Oktober 1943

Am 28. Oktober 1943 bricht gegen 22.45 Uhr bei Bauer Albert L. im nordthüringischen Ellrich ein Feuer aus. Scheune und Stallungen stehen in Flammen und brennen vollständig ab.

Stefan Zimmermann ist der Geschichte nachgegangen und hat Enkel Werner L. befragt:

"Im Einsatz waren die Freiwilligen Feuerwehren aus Ellrich, Nordhausen und Bleichrode. Das Löschwasser wurde aus dem Mühlgraben gepumpt und aus zwei Oberflurhydranten in der Schäferstraße entnommen. Die Nachlöscharbeiten zogen sich noch 8 Tage hin. Kriegsgefangene Serben mussten bei den Auräumungsarbeiten und bei der Suche nach der Brandursache helfen. Das Kabel und der Sicherungskasten wurden freigelegt."

Das Ergebnis der Untersuchung zeigt auf, wie nachlässig damals in der Landwirtschaft mit elektrischen Installationen hantiert wird. Durch Unachtsamkeit ist hier mit den Gebäude zugleich die gesamte Ernte vernichtet worden. Dieser Verlust an kriegswichtigem Getreide ruft die Behörden auf den Plan; letztlich hätte hinter dem Vorfall auch eine Sabotage stehen können. Was war geschehen?

Das eingefahrene Getreide sollte in der Scheune gedroschen werden. Da das Kabel nicht ausreichte, wurde es ohne fachgerechte Steckverbindung verlängert und nur mit Textilband behelfsmäßig isoliert. Nach dem Dreschen des Getreides zog niemand den Stecker heraus; das Kabel blieb unter Spannung. Vielleicht hätte eine funktionierende Schmelzsicherung Schlimmeres verhüten können. Doch auch hier hatten die Beteiligten gepfuscht. Der Enkel Werner L. berichtet: "Die elektrischen Sicherungen waren mit Blei verschmolzen" – eine damals übliche Vorgehensweise, wenn gerade kein Ersatz für durchgebrannte Sicherungen zur Hand war. Mitunter ersetzte man die Schmelzsicherung auch durch einen dicken Nagel. Besonders brisant: an dem Pfusch war der ortsansässige Elektromeister beteiligt.

Da durch die Fahrlässigkeit kriegswichtiges Material vernichtet worden ist, klagen die Behörden den Bauern und den Elektriker an. Beide werden zu einer Geldstrafe von 1 500,- Reichsmark und einer Haftstrafe von einem Jahr Gefängnis verurteilt, letztere umgewandelt zu zwei Jahren auf Bewährung. Die Strafe hätte ungleich härter ausfallen können - bis hin zur Einlieferung in ein Konzentrationslager.

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