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Feuerwehrmuseen

in Deutschland

1949-1990 Geteiltes Volk!

Zeitenwende 2

"Von drüben" klang es: 'Hilfe!'" - Eine Grenzgeschichte

Im Spätsommer 1955 liegt das Ende des 2. Weltkriegs zehn Jahre zurück und seit der Gründung der beiden deutschen Teilstaaten, der Bundesrepublik Deutschland (BRD) auf dem Territorium der drei westlichen Besatzungszonen und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in der sowjetisch besetzten Zone (SBZ) sind bereits sechs Jahre vergangen. Bis zum Bau der "Berliner Mauer" und dem Ausbau der innerdeutschen Grenze zum undurchlässigen "Eisernen Vorhang" sollen noch weitere sechs Jahre verstreichen.

Mit der Währungsreform am 21. Juni 1948 wird in den drei Westsektoren Berlins die neue westliche D-Mark eingeführt. Drei Tage später unterbrechen die darüber verärgerten Sowjets den Landverkehr durch die SBZ nach Berlin und die Westsektoren der Stadt müssen mit Flugzeugen über die ›Luftbrücke‹ versorgt werden.

Grenzübergreifende Löschhilfe in Ellrich, 1955
Nachbarschaft

In Ellrich trennt die Grenze Teile des Industriegebiets ab. Bei einem Großfeuer in der auf Westterritorium liegenden Juliushütte kommt es 1955 zu einer grenzüberschreitenden Hilfe, die fast in Vergessenheit geraten sollte. Kurz nach der "politischen Wende" 1989/90 nimmt ein Kamerad der Freiwilligen Feuerwehr Walkenried Kontakt mit der Freiwilligen Feuerwehr Ellrich auf. Er hat einige alte vergilbte Fotos mitgebracht. Stefan Zimmermann: "Leider gab es zur zeitlichen Einordnung unterschiedliche Aussagen. Durch einen Zeitungsartikel wurde es uns jedoch möglich, den zeitlichen und inhaltlichen Bezug herzustellen."

Ein propagandistisch gefärbter Bericht

Am 17. August 1955 notiert die Zeitung "Das Volk – Organ der Bezirksleitung Erfurt der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands":

"Von drüben klang es: Hilfe! – Die Ellricher Feuerwehr kam in kürzester Zeit!
Auf der Juliushütte – noch im Industriegebiet von Ellrich, aber jenseits der Demarkationslinie – war ein Großfeuer ausgebrochen. Die dortige Sägemehlfabrik stand in hellen Flammen und war, da dem vorbeugenden Brandschutz in Westdeutschland nicht die gleiche Beachtung wie bei uns geschenkt wird, rettungslos verloren.
Ein in unmittelbarer Nähe liegendes Arbeiterwohnhaus befand sich in äußerster Gefahr. Durch Funkenflug griff die nicht mehr zu bändigende Feuersbrunst auf das Gebäude über. Die Feuerwehren von Walkenried und Braunlage sowie die Betriebsfeuerwehrleute der Walkenrieder Seifenfabrik setzten sich tapfer und verzweifelt ein, konnten jedoch nicht verhindern, daß fünf Arbeiterfamilien obdachlos wurden.
Da wurden Hilferufe von drüben laut, die von Zöllnern unseren Genossen der Grenzpolizei übermittelt wurden. Ein Raunen ging durch die Reihen der Zuschauenden – in Ellrich heulte die Alarmsirene! [...]Viel konnte die freiwillige Feuerwehr leider nicht mehr ausrichten, jedoch eines verdient besonderer Erwähnung: Ellrich, Juliushütte, Walkenried und Braunlage haben bei diesem Anlaß bewiesen, daß die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands auf friedlicher, demokratischer Grundlage notwendig ist. Und unsere Kameraden der freiwilligen Feuerwehr nahmen mit strahlenden Gesichtern den Dank der Bewohner der Juliushütte und der Deutschen Grenzpolizei, den ihnen Genosse Brandmeister Müller übermittelte, entgegen.
Volkskorrespondent Ruhe, Ellrich."
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